Was, wäre wenn…

Wenn ich bei den Lesungen meine Livereportage aus der Nacht der deutschen Wiedervereinigung am 2/3. Oktober 1990 abspiele, wenn ich davon erzähle, dass auch ich bei der Deutschlandhymne um Mitternacht Tränen in den Augen hatte, als sich Menschen umarmten, Jubel ausbrach, da werden auch bei so manchem Gast die Augen feucht.
Und dann der harte Schnitt. Was, wäre wenn? Was, wäre wenn angesichts der sich immer wieder zuspitzenden Lage während des „kalten Krieges“ der Warschauer Pakt angegriffen hätte? Ich lese eine Fiktion aus “Deckname Antenne“ vor. DDR- Soldaten öffnen am 7. November 1983 die Grenzzäune nach Unterfranken. Panzer der NVA und der Roten Armee dringen von Fladungen bis Ermershausen in Westddeutschland ein. Es gibt erste Explosionen, denn Panzer waren auf Sprengfallen der Bundeswehr aufgefahren. Die hatte Hauptfeldwebel Udo Straub als Zugführer des Panzergrenadierbattaillons 352 aus der Bundeswehrkaserne in Mellrichstadt mit seinen Leuten bereits Stunden vorher scharf gemacht.
Und dann breche ich dieses Szenario ab, wir treffen Udo Straub heute: Als Vorsitzender des Kameradschafts- und Freundeskreises der Garnison Mellrichstadt.  Längst ist er nicht mehr im Dienst, die Kaserne ist aufgelöst, aber es gibt am Originalschauplatz im früheren Stabsgebäude das Dokumentationszentrum Hainbergkaserne, „Eine Garnison im Kalten Krieg“, einmalig in dieser Art in Deutschland.
Udo Straub führt hier in einen Atombunker, zuvor aber auch in einen Verschlussraum. Streng geheim in früheren Zeiten. Hier lagerten in einem Tresor die Operationspläne für den Angriffsfall aus dem Osten. Und auf einer großen Karte, heute unter Glas, ist das Grabfeld in Ost und West zu sehen und die sich gegenüberstehenden Panzer von NATO und Warschauer Pakt. Der Sprengstoff für die Sprengfallen entlang der Grenze und der näheren Umgebung wäre aus der Hainbergkaserne im Alarmfall an die genau festgelegten Stellen gebracht worden.
Das ist für viele Zuhörerinnen und Zuhörer in den Lesungen oft neu und sie berichten, dass sie „Gänsehaut“ bekamen.
Udo Straub und sein Team leisten mit diesem Dokumentationszentrum eine ganz besondere Erinnerungsarbeit. In jeder meiner Lesungen empfehle ich einen Besuch in Mellrichstadt, besonders auch Schulklassen. Nähere Informationen zu Angebot und Öffnungszeiten gibt es unter www.dokumentationszentrum-hainbergkaserne.de