
Egal wo ich lese, danach gibt es immer die eine Frage: „Warum ist der Osten Deutschlands so unzufrieden und zeigt dies auch bei den Wahlen?“ Wo sie und wir alle doch so ein Glück hatten bei der friedlichen Wende vor 35 Jahren. Eine Patentantwort habe ich da zunächst auch nicht. Aber: Alle unter 50 Jahren waren bei der Wende maximal 15 Jahre alt. Natürlich gibt es auch viele Unzufriedene, die damals älter waren und bei der Wende auch gejubelt haben, die neue Freiheit in vollen Zügen genießen konnten. Und dann merkten, dass auch „der Westen“ kein Paradies ist. Auch da bekam man nichts geschenkt, auch Wohlstand muss erarbeitet werden. Viele Illusionen platzten, zahlreiche Arbeitsplätze gingen verloren. Versprechungen aus dem Westen konnten nicht gehalten werden, es wurden Fehler gemacht, nicht wenige aus den „neuen Bundesländern“ fühlten und fühlen sich als Deutsche zweiter Klasse. Viele sind aber auch mit ihrem Leben zufrieden, sind nicht so laut wie diejenigen, die sich vernachlässigt fühlen.
Mein Thema ist die Erinnerung an den friedlichen Kampf und das Ringen um Freiheit und Demokratie. Und vielleicht kann daraus auch die Überzeugung entstehen, dass wir wirklich damals „das glücklichste Volk der Welt“ waren, wie Walter Momper als damals Regierender Bürgermeister von Berlin in der Nacht des Mauerfalls ausrief. Viele Menschen in der DDR wollten schon sehr früh, dass das „wir sind ein Volk“ umgesetzt werden sollte. Deshalb gab es nicht einmal ein Jahr nach dem 9. November 1989 die deutsche Wiedervereinigung. Dass dies nicht wenige dann als „Anschluss“ empfunden haben, bei dem nur Ampelmännchen und Rechtsabbiegepfeil „mitgingen“, mag ein weiterer Grund sein, dass man sich nur schwer als vollwertiger Bundesbürger fühlte. Aber es gilt auch: Milliarden DM und Euro wurden mittels Soli in den Aufbau Ost investiert, zu besichtigen von Rostock bis Leipzig und Dresden.
Dies Alles ist bei meinen Vorträgen nur ein Randthema, aber ich nehme es wahr und ernst. Ich treffe aber auch auf Menschen, die zwar das große Mundwerk haben, aber noch nie „drüben“ waren. Vorurteile haben hier die Oberhand und die verschwinden nur durch Begegnung zwischen den Menschen. Dann könnte auch endgültig die Mauer in so manchem Kopf abgebaut werden.
Das größte Lob ist für mich die Rückmeldung, dass durch meinen Vortrag und mein Buch eine durchaus dankbare Sicht auf Mauerfall und Wiedervereinigung zurückkommt. Denn in der Tat sollten wir eher demütig und dankbar als zornig sein und gemeinsam daran arbeiten, dass Deutschland wirklich ein Volk ist oder wird.