Drei unfassbare Jahre

Es ist der 5. September 2022. Buchpremiere von „Deckname Antenne“.  Seit einigen Tagen ist das Werk aus dem Echter Verlag im Handel. Jetzt soll es offiziell vorgestellt werden bei einem Gespräch-Leseabend beim Würzburger „Hugendubel“. Die Reihen sind gefüllt. Volles Haus. Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Interessierte quer durch Würzburg. Sarah Beham und ihr Freund Jonas Reif habe ich als Ehrengäste aus Niederbayern eingeladen. Meine junge Kollegin Sarah war hartnäckig genug mir zu sagen, dass es dieses Buch braucht. Sie wurde als junge BR-Journalistin aus der nachgewachsenen Generation eine wichtige Begleiterin, hatte Fragen und Tipps beim Gegenlesen des Manuskriptes. Sie ist mir Mentorin und mittlerweile eine gute Freundin und begleitet mit großer Empathie und Anteilnahme dieses Projekt.


Mein BR-Kollege Jürgen Gläser ist der Moderator dieses Abends, der uns Alle lebendig in diese aufregende Zeit der Stasibespitzelung, in die Zeiten von Wende, friedlichem Mauerfall und Wiedervereinigung zurückführte. Ein gelungener Start für das Buch, aber nicht im Geringsten habe ich geahnt, was nun folgte.

Lesetermin Nr. 2 war zusammen mit der Buchhandlung Knodt zum 3. Oktober 2022 das Theater am Neunerplatz. Nach dem Gesprächsabend zum Auftakt testete ich nun ein Solo mit Erzählung, Lesung, Bildern und Tönen, später kamen auch Videos dazu. Das multimediale Format war gefunden. Neunzig Minuten, die ankamen.
Und jetzt ging es Schlag auf Schlag. Die Lesereise nahm ihre Fahrt auf. Die dritte Lesung führte in das Dokumentationszentrum „Eine Kaserne im kalten Krieg“ in die ehemalige Kaserne der Bundeswehr nach Mellrichstadt. Dort spielt eines der letzten Kapitel von „Deckname Antenne“ das zeigt, wie nahe wir an einem furchtbaren Krieg zwischen Warschauer Pakt und NATO waren. Meine Heimatstadt Zeil am Main folgte mit einem großartigen, emotionalen Abend, das Rathaus in Wipfeld, der Weinkeller des Grafen Karl zu Rüdenhausen sowie die Veitshöchheimer Bücherei und das Kitzinger Rathaus beschlossen das Jahr 2022.

Dass mich im nun folgenden Jahr 2023 dann 45 Lesungen erwarteten, das hätte ich auch zu diesem Zeitpunkt nie geglaubt. Aber die Werbung von Mund zu Mund funktionierte, viele kannten mich auch aus der jahrzehntelangen Berichterstattung im BR. Und so nahm diese Lesereise einen ganz besonderen Verlauf. Hinzu kam, dass der andauernde Ukrainekrieg Europa wieder spaltete und auch in Deutschland das Ringen um Freiheit und Demokratie und die Bewahrung unserer Grundwerte mehr und mehr in den Mittelpunkt rückten.

Nach der ersten Lesung des Jahres in Gerbrunn kamen nun mit dem Gymnasium Münnerstadt und dem Bayernkolleg in Schweinfurt zum ersten Mal Schulen. Ich bemerkte dankbar, dass die 90 Minuten, also zwei Schulstunden, auch bei den jungen Leuten funktionierten. Aufmerksam und interessiert folgten sie mir bei der Reise in die deutsch-deutsche Vergangenheit bis in unsere Tage. Und ab sofort galt mein dringender Wunsch an die jungen Leute, dass sie als nachfolgende Generation Freiheit und Demokratie bewahren und schützen sollen, über alle Probleme hinweg.


Nach einem ersten Besuch bei den Rotariern in Würzburg ging es erstmals außerhalb Frankens: In Freising und Ingolstadt stieß ich auf großes Interesse. Mein Erinnerungsprojekt beflügelte ab sofort auch Andere mit Ideen. Die Familie Schwanfelder lud zu zwei Abenden mit ostdeutschen Spezialitäten in die Ölmühle nach Abtswind in den Steigerwald, und ich las zwischen den einzelnen Gängen. Es gab Soljanka, Broiler, Schwedenbecher, Nordhäuser Korn & Rotkäppchensekt.

Nach Lesungen in der Stadtbibliothek Hammelburg und den WeinKulturGaden in Thüngersheim gab es mit Würzburgs Partnerstadt Suhl eine erste Reise nach Thüringen. Großes Interesse, ein anderes Hinhören und Mitleben. Viele persönliche Gespräche danach. Auch Lesung Nr. 25 war eine Besondere. Sie führte ins niederbayerische Plattling, als Dankeschön an meine „Buchmotivatorin“ Sarah Beham. Die folgenden Stationen die Gemeindebücherei Gundelsheim und die Buchhandlung Lesezeichen in Werneck. Viele interessierte junge Menschen dann im Ausbildungszentrum der Bundespolizei in Oerlenbach.


In den folgenden Wochen kamen dann auch gleich vier Lesungen im Ausbildungszentrum der Bereitschaftspolizei in Würzburg dazu. Dazwischen das Theaterhaus Gerolzhofen, das Tagungshaus Himmelspforten in Würzburg, die Bücherei Dettelbach und die Montessorischule in Würzburg.

Eine besondere Idee hatte das KAB- Bildungswerk der Diözese Würzburg. Lesen an Originalschauplätzen. Mit dem Bus waren wir an der ehemaligen Grenzanlage Behrungen, an der Grenzinformationsstelle Rappershausen, dem Dokumentationszentrum in der ehemaligen Bundeswehrkaserne Mellrichstadt und am ehemaligen Grenzübergang Eußenhausen- Meiningen. Hier waren die Reportagen von Mauerfall und Wiedervereinigung zu hören. Gänsehaut bei Allen.


Viel Zuspruch bei Lesungen in Hof und Weiden, zwei ehemalige Grenzorte in den Osten des einst geteilten Europas. Lesungen in den Würzburger Stadtteilen Unterdürrbach und Rottenbauer und dann wieder Thüringen: Milz im ehemaligen Sperrgebiet. Es war ein bewengender Abend. Auch deshalb, weil ich mit Henri Eppler einen Mann traf, der mir als Jugendlicher heimlich an der Stasi vorbei eine Karte an den BR nach Würzburg schickte, die ich anonym im Radio vorlas. Es ging nur um die Kirchweih im Dorf, aber die Stasi suchte hektisch und vergeblich tagelang in den Grenzdörfern den Absender.

Weitere Lesestationen: Das Schönstattzentrum in Würzburg, die „Nacht der Demokratie“ in Kitzingen, das badenwürttembergische Lauda mit öffentlicher Lesung und Schulbesuch sowie zwei Lesungen am Untermain in Miltenberg und Aschaffenburg. Im Herbst 2023 verdichteten sich wieder die Lesetermine: Karlstadt, Eibelstadt, Langenprozelten, Volkach und Frammersbach (hier gab es sogar von zwei Musikern Freiheitslieder). Zum bundesweiten Vorlesetag war ich im Vinzentinum in Würzburg, weiter ging es in das Gymnasium von Ebern, das ich inzwischen schon zweimal besuchte und auch das Eberner Heimatmuseum war auf der Reiseroute. Jahresabschluss in Güntersleben.

Die Jahresplanung für 2024 machte schon deutlich: Dieses besondere Erinnerungsprojekt wird zu einer Art Mission. Es startete in Himmelspforten mit der Bundestagung der Seniorenvertretungen in den deutschen Diözesen.
Es folgte eine ganz besonders emotionale Veranstaltung. Ich war zu Gast im Funkhaus des Bayerischen Rundfunks in München. Unter den Gästen auch Intendantin Katja Wildermuth. Bereits im Süden ging es am nächsten Tag ein paar Kilometer weiter Richtung Alpen zum „Murnauclub“ nach Ohlstadt. Nach Lesungen in Tauberbischofsheim und an der Realschule Hirschaid dann die Fahrt in die Hauptstadt. Vor über 200 Gästen eine multimediale Lesung in der Vertretung des Freistaats Bayern. Ein unvergessenes Erlebnis mit „Provinzgeschichten“ in der Hauptstadt und damit an jenem Ort, an dem der Mauerfall am Abend des 9. November 1989 seinen Anfang nahm.



Jede Lesung hat ihren besonderen Reiz, ihre besonderen Geschichten, die im Detail auf der Homepage  www.deckname-antenne.de nachzulesen sind. Ich bin dem Echter Verlag sehr dankbar, dass ich auf diesen Seiten die vielfältigsten Erlebnisse festhalten kann.  
Ich bin wieder unterwegs quer durch Franken: Aub im Grabfeld, Uffenheim, die unterfränkischen Kulturtage in Thulba, Heidenfeld, Ermershausen und in Wohnzimmer- Atmosphäre im „Das famose Häuschen“ in Karlstadt. Dazwischen ein Abstecher ins hessische Fulda.
Ein besonderes Ereignis dann am 3.Oktober. Am „Tag der Deutschen Einheit“ live vor Publikum aus dem Studio Franken in Nürnberg auf Bayern 2.


Nürnberg dann auch wenige Tage später: Vor 350 jungen Leuten lese ich im Hans- Sachs- Gymnasium. Es folgen die Bücherei in Rottendorf, das Freilandmuseum Fladungen, Fuchsstadt bei Hammelburg, Gaukönigshofen, Kürnach, Sömmersdorf und Sand am Main. Beim bundesdeutschen Vorlesetag bin ich diesmal in der Realschule Oberding.
Zum 35. Jahrestag des Mauerfalls eine bewegende Lesung im Großen Ratssaal des Würzburger Rathauses. Mit Reden der Oberbürgermeister aus Würzburg und der Partnerstadt Suhl. Lesungen in Bad Bocklet und Retzbach beschließen das Jahr.

Auch für 2025 gibt es viele Lesewünsche und der Start ist am Bayernkolleg in Schweinfurt, gefolgt von der KAB Ebelsbach und der Stadtteilbücherei am Würzburger Hubland sowie der KAB im Würzburger Cafe Domain. Nächste Stationen: VHS Gunzenhausen, Riemenschneider Gymnasium Würzburg, Landfrauentag in Dittelbrunn, Hotel Weingut Zehntkeller Iphofen, Herbstvollversammlung des Diözesanrats am Volkersberg, Schonungen, Gymnasium und VHS Herzogenaurach, Mittelschule Heuchelhof, Binsbach, VHS Dillingen, Journalistik an der Universität Eichstätt, Münsterschwarzacher Büchertage, Montessorischule Aschaffenburg, Wahlgemeinschaft Gerbrunn, zwei Lesungen für die Realschule Forchheim in der evangelischen Kirche, die Franz- Oberthür-Berufsschule, die Realschule Kaufering sowie Lesungen in Pfarrweisach und Kleinsteinach.
Nach Ostbayern gibt es eine dreiteilige Reise: Bücherei Grattersdorf, Realschule Plattling und der Bibliothekstag des Bistums Eichstätt im Kloster Plankstetten.   

110 Lesungen sind es bisher, nach der Sommerpause geht es am 1. Oktober in Amorbach weiter. Alle öffentlichen Termine gibt es stets auf der Terminseite der Projekthomepage. Die Stationen reichen jetzt schon bis Ende 2026 und werden dann wohl die Zahl 150 erreichen. Über 6000 Menschen habe ich bisher erreicht, davon die Hälfte ca 3000 junge Leute an Schulen aller Schultypen. Ich habe die Kraft und Motivation weiterzumachen. Gerade weil ich weiß, dass das Thema „Freiheit & Demokratie“ so aktuell wie lange nicht ist und wir dankbar und demütig auf die friedliche Zeit des Mauerfalls zurückblicken können.

DANKE für die vergangenen drei Jahre! Sie sind auch für mich so bewegend und bereichernd. DANKE!